Spiegelnde Wirklichkeiten, Bühnen-Terrasse und Aquarium mit Akteuren
Wer stellt sich auf die Waage, links Mitte, spiegelt sich selbst und sieht die Realität: zu schwer, zu dick, zu wabbelig? Wer betritt die Bühne und zeigt sich so, wie er ist? Meine Fische, die ganz schön fett geworden sind!
Dienstag und Freitag sind Markttage mitten in Pattaya, auch in der tropischen Regenzeit. Zwei Zeltdächer schirmen vor Schauern und Gewittern. An heißen Tagen halten sie die Sonne ab. Zwischen den Markttagen werden sie selten abgebaut. Man kann an leeren Tagen zwischen den Stangen und Seilen hindurch gehen, Abkürzungen nehmen und die geschlungene schmale Strasse voller Verkehr meiden.
Der Platz unter den Zeltdächern reicht bei weitem nicht, der Markt quillt über. Die Stände daneben schützen sich provisorisch. Heute regnet es auf die ungeschützten, leicht matschigen Markt-Pfade und es tropft von den Rändern der Planen.
Unmittelbar vor mir versperrt ein Österreicher den Weg. An zwei gesprochenen Sätzen gibt er sich ungewollt zu erkennen. Sein nackter wabbeliger Rücken direkt vor meiner Nase verstopfte nun den Weg. Seine herunter gerutschte Hose ggibt seine fleischige Spalt-Tablette frei. Ein Lustspiel auf der Marktbühne steht vor mir. Ich will lediglich vorbei, lachen macht keinen Sinn. Zu viele laufen in der Stadt herum. Thailänder beachten sie kaum. Sie kümmern sich weder um halbnackte Touristen noch um schwarze Burka-verschleierte Musliminnen.
Der Österreicher steht da und lässt seine Lady einen Billig-Büstenhalter suchen. Da schüttelt sich mein nasser Falt-Schirm, und schon macht der Wabbel-Koloss zwei Schritte zur Seite.
Ich hätte ihn nicht besprenkeln sollen. Die Tropfen von der Seite brachten Unglück für meine Fische, die ich für mein Aquarium einkaufen wollte, "Cleaning fishes" hatte ich im Sinn, Fische, die das Aquarium von sich aus säubern und Mini-Algen fressen, die sich mit der Zeit an den Glaswänden festsetzen und das Wasser trüben. Gestern erst hatte ich das gesamte Wasser austauschen und die Glaswände abschrubben müssen. Die Säuber-Quabben sollen nun helfen, die Zeitabstände dieser Arbeit zu verlängern. Sie sehen aus wie hellbraune Kaulquappen, sind nur etwas größer und als Fische zu erkennen. Vier sollten reichen, sagte die Fische-Frau, und hob sie in eine Plastik-Tüte mit Wasser, die sie prall verschloss. Dann wollte ich noch einen Zierfisch aus einem Glas. Die wunderschönen bizarren Formen und einzigartigen Blautöne hatten mich animiert; sie empfahl, nur einen einzigen zu nehmen. Auf dem Weg nach Hause, mit meinem aufgespannten Geschenk-Schirm von Western Union, erfuhr ich zufällig: es ist ein Kampf-Fisch, klein, schön, aber gefährlich. Er wird den anderen Fischen das Leben zur Hölle machen, dachte ich, und kehrte um. Das "Unglück" für den blauen Wunder-Fisch mit unbekanntem aggressiven Potential war, nicht gekauft zu werden und seine Zeit weiterhin einsam im engen Glas verbringen zu müssen. Mein Rückweg zur Fisch-Frau zähle ich nicht, zurzeit gehe ich gern und genieße es, kein Moped mehr zu besitzen.
Statt der 20 Baht für den Blauen, von denen zwei Männchen sich ständig bekriegen würden, wie ich hörte, gleichgeschlechtliche Freundschaften unter ihnen scheint es nicht zu geben, investierte ich weitere 20 Baht und erhielt vier kleine Knuddel-Fischlein mit rotem Rücken und silberner Seite. Wieder wurde eine Plastik-Tüte mit genügend Wasser gefüllt und mit einem Gummi verschlossen. Und wieder erhielt ich eine Tüte zum Transportieren, die ich gleich zurück gab. Ich wollte die Fische in den Seiten-Netzen meiner Sport-Tasche unterbringen, um die schlauen Netze erstmals auch zu nutzen. Der neunjährige Junge der Fische-Frau half beim Hineinstecken der durchsichtigen Wasser-Tüten.
Solche Wasser-Tüten haben ein Eigenleben. Physikalische Gesetze lassen sich vernetzen, aber nicht einsperren. Nach etwa vierhundert Metern war die hintere pralle Tüte mit den Rot-Rücken einfach verschwunden. Besorgt um die Fische ging ich den Weg zurück, dachte an meine hilflosen Kreaturen und sah sie in meiner Phantasie in irgendeiner Pfütze um ihr Leben kämpfen. Am Kauf-Stand machte die Geschichte der heraus geschwuppsten Tüte sogleich die Runde und belustigte zwei Frauen der gegenüberliegenden Pflanzen-Stände. Wie ein begossener Pudel, ähnlich dem Österreicher, der noch mehr Unglück bringen sollte, zog ich mit der vorderen Prall-Tüte des Weges und schaffte etwa einen Kilometer bis zum nächsten physikalischen Ereignis, als ich mich nämlich nach einem Sandstein bückte. Ich sah, dass diese angeblichen Sandsteine, mit denen in Pattaya Gehwege gepflastert werden, nur Sandstein-beschichtet sind.
Solch einen Stein, der herumlag, wollte ich zuhause haben. Sandstein, auch als Oberflächen-Schicht, tut gute Dienste beim Reinigen von Fußsohlen. Meine werden gelegentlich dreckig, drängt es mich einzuflechten. Barfuß auf welligem Kopfstein-Pflaster an der Beachroad spazieren zu gehen, gehört zu meinem Freizeit- und Gesundheit-Training ohne Zeitverlust. Spazieren geht man sowieso. Zusätzlich geschieht auf diese Weise noch mehr. Füße, Gelenke, sogar das gesamte eigene Knochen-Gerüst werden auf solchen Kopf-Steinen allein durch das Körper-Gewicht ganz von selbst massiert, trainiert und bewegt. Füsse wie Glieder bleiben gelenkig. Die Haltung variiert von Schritt zu Schritt.
Solche rationellen Spaziergänge mit unbezahlbaren Neben-Effekten und einem durch und durch strömenden Gefühl absoluter Freiheit, die Erde selbst als Schuhsohle untertan, die Schuhe in der Hand oder zurückgelassen am Moped, kann man nicht beschreiben, muss man erleben. Gewöhnlich begleitete mich mein kürzlich an AIDS verstorbener Freund Franz vom Frühstücks-Büffet im Apex-Hotel, er allerdings in festen Schuhen. So führten wir, unterschiedlich Basis-orientiert, unterschiedlich Trainings-orientiert, nebeneinander her philosophische Gespräche und ließen uns den sommerlichen Seewind um die Nasen streichen. Noch schnell, eines will ich noch erzählen, bevor ich mit dem Bücken nach dem Sandstein fortfahre, denn die logische Folge des Barfuß-Gehens war ja der staubig-dreckige Belag an den Sohlen, und diese galt es zu waschen, um dann erst wieder in die Schuhe zu schlüpfen. Dazu hatte sich ein Ritus ausgebildet. Mein Moped parkte ich mit voller Absicht seitlich an einem Starbuck-Café, weil dort um diese Zeit immer ein Reinigungs-Eimer mit Feudel und Wasser stand. So konnte ich einen bestimmten Sandstein des Seitenweges, der schon ganz hell war vor Sauberkeit, bewässern und darauf meine Fußsohlen schaben, ein Waschvorgang wieder mit dem rationell eingesetzten Körper-Gewicht, ohne ein Bein auch nur heben zu müssen. Deshalb also mein Augenmerk auf einen Sandstein, wenn auch nur beschichtet, der frei herumlag.
Nach diesem einen Sandstein bückte ich mich, fahre ich nun fort, aber gleichzeitig wollte auch die zweite pralle Tüte mit den Säuber-Fischlein raus aus dem Seiten-Netz der Sport-Tasche. Sie fiel und platzte am Boden. Eilig sammelte ich die zappelnden kleinen Fische ein und ließ sie in das Rest-Wasser der Tüte plumpsen, die ich von Hand zu hielt. Die gestressten Fische konnten kaum noch ihre Kiemen bewegen. Ich dachte an eine größere Wasser-Tüte mit etwas mehr Wasser, denn ich hatte noch einen weiteren knappen Kilometer zu gehen. Eine solche Tüte erhielt ich in einem Klein-Laden unterwegs ohne Probleme, denn Thais sind beim ersten Mal sehr hilfbereit. Die Fische schwammen darin aber trotzdem nicht so ordenlich, wie ich es erwartet hatte.
Zuhause angekommen war mein einziger Gedanke, rein mit ihnen ins Aquarium und zwar sofort. Dazu kippte ich den Inhalt zusammen mit dem Wasser durch die Schiebe-Öffnung oben. Wieder entstand offenbar Stress für die Fische, denn sie ließen sich wie tot auf den Grund fallen. Zwei sah ich, die zwei restlichen waren wie nicht vorhanden. Das konnte nicht sein. Es waren vier. Ich suchte das Aquarium von außen ab, setzte meine Brille auf, die zwei waren nicht da, verschwunden.
Später wurde mir dann klar: sie hatten sich in dem Weihnachts-Baum versteckt. Wie bitte? Ja, ein künstliches Tannen-Bäumchen im Aquarium, ein Weihnachts-Baum mit weichen Plastik-Nadeln, den ich vor drei Jahren in einem Kaufhaus gekauft hatte, und der ganz billig war. Seitdem stand das Bäumchen die ganzen Jahre über im Zimmer und machte dem Buddha-Altärchen Konkurrenz. Eigentlich nicht wirklich, denn ich bin gar kein Christ mehr, vielmehr DEHist. Trotzdem dachte ich manchmal an meine Zeit des Christen-Seins zurück und freute mich darüber, dass Weihnachten nicht auf ein paar Tage beschränkt blieb. Nach der ganzen Arbeit, das Aquarium mit frischem Wasser zu versorgen, war ich dann plötzlich auf die Idee gekommen, dieses Christen-Bäumchen nun auch den goldenen und silbernen Zierfischen zu geben, um ihren Lebensraum zu bereichern. Ich hatte nämlich ein schlechtes Gewissen.
Das Wasser-Entleeren per Schlauch hatte ich zuvor übertrieben und die Fische leider vergessen, während ich im Zimmer am Computer saß, bis sie in Todesangst und alle auf der Seite liegend versuchten, mit dem letzten Restwasser auszukommen, das immer weniger wurde. Augenblicklich ließ ich neues Wasser nachlaufen, vergaß dann aber, wieder am Computer-Bildschirm sitzend, das Abstellen, so dass ich plötzlich einen überlaufenden Wasserfall hörte. Eilig korrigierte ich auch diesen Schaden, musste aber einen Strom-Stroß hinnehmen. Das überlaufende Wasser hatte auch die Elektrik darüber mitgenommen. Die Fische erlebten ihr Zuhause unter Strom, unbeschadet allerdings, nicht geerdet, nur weil ich wieder nicht vom Bildschirm wegkam. Mein schlechtes Gewissen war also berechtigt. Das Bäumchen sollte die verfahrene Situation retten.
Die guten Fische, die sonst immer munter und stets hungrig in ihrem ganzen Wohnbereich herumschwommen, verzogen sich ängstlich auf die eine Seite, weit weg vom Christ-Baum, sobald ich ihn hineingestellt hatte, trotz seiner hübschen Schleifchen und sonstigem Baum-Schmuck, silbernen Tannen-Zapfen zum Beispiel, passend zu den drei silbernen Fischlein unter den goldenen. Das perspektivisch aus ihrer Sicht dunkle Ungetüm machte ihnen Angst, so etwa wie harmlose muslimische Familien vor den
islamistischen Einpeitschern, den Salafisten, die aus Fernost oder sonst woher nach Deutschland kommen, wie vor einer dunklen unbekannten Macht Angst haben. Von Pattaya aus, das sei nebenbei bemerkt,
kümmere ich mich stets auch etwas um Deutschland, also auch um Muslime, die zu Deutschland gehören, wie der Bundespräsident meinte,
ganz im Sinne seiner Kanzlerin, die sich nun aber, das füge ich heute, am 16/Oktober/10, berichtend ein, völlig verwandelt
auf die Seite gelegt hat, ähnlich wie die Fische im Restwasser, denen das Wasser abgeht.
Das dunkle künstliche Tannen-Weihnachts-Bäumchen entpuppte sich für die Fische innerhalb von Stunden allerdings als sehr harmlos, als nicht salafistisch. Die Nadeln waren weich, stellten sie wohl fest. Und ab einer gewissen Zeit wurde das Bäumchen der bevorzugte Spiel-Platz für sie.
Keine Angst vorm Tannenbaum - wie echte Christen-Kinder
Die zwei verschwunden Säuber-Fische hatten das dunkle Bäumchen in ihrer angespannten Lage, nachdem ich sie aus der Plasik-Tüte in das Aquarium-Wasser geschüttelt hatte, sogleich zu ihrem Versteck-Platz gemacht und verharrten darin bewegungslos. Nach allem ihnen von mir zugefügten Stress fingen sie nach weiteren zwei Stunden an zu schwimmen und nach Säuberungs-Objekten zu suchen, an den gläsernen Innenwänden und am Boden mit den vielen runden Steinen, ähnlich dem Kopfstein-Pflaster des schmalen Streifens mit Kokos-Palmen an der Beachroad.
Irgend eine Kreatur muss ja den Dingen auf den Grund gehen, diesen nutzen und sogar davon leben. Die Tierwelt, jüngst bereichert durch neues Wissen um unzählige
bisher unbekannte Arten, will offenbar den wissbegierigen, aber auch zerstörerischen Menschen überleben, der die gesamte Erde in einen Stress-Planeten verwandelt hat.
Den "bevorzugten Spielplatz" der Aquarium-Fische, um das kleine Weihnachts-Bäumchen im Wasser herum, habe ich heute, den 20/Oktober/2010, nachträglich noch aufgenommen. Die Bilder können mit Klick vergrößert werden, um alles genau zu sehen, so auch das kluge Auge auf den Menschen, oben.